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D'r Hannes ond sei Emma - Eine Liebe auf Abstand

Für einen schwäbischen Holzkopf eine passende Partnerin zu finden, gilt bekanntlich als schwierig.

Entweder man muss sie in Wasseralfingen gießen lassen oder schnitzen muss man „‘s Weib“, das zu ihm passt … und wenn es mit der Motorsäge ist!

Was wie Kuppelei oder eher sogar nach einer handgreiflichen Trennung von Tisch und Bett mittels eines Geräts für Baumfällarbeiten klingen könnte, ist in Wirklichkeit eine Erfolgsgeschichte der Dürnauer Kultur-Arbeit.

2009 hatte die „KulDür“ (Kulturinitiative Dürnau e. V.) eine Kunstaktion veranstaltet, bei der der Holzbildhauer Manfred Martin im Schlosshof mit einer Kettensäge die Figur eines typischen schwäbischen Grantlers erschuf.

Nachdem die erste Farbschicht die Figur zum Leben erweckt hatte, fanden sich schnell der passende Name und der Weg in die Herzen der Dürnauer Bürger. Der Hannes grüßt seit dem mit einem kaum wahrnehmbaren Kopfnicken die Passanten am Marstallgebäude des ehemaligen Dürnauer Wasserschlosses in der Bahnhofstraße.
Die Hände in den Hosentaschen ruhte er in sich und schaffte es immer wieder, dass die Passanten seinen kleinen Gruß sogar hörbar erwiderten!

Oh, übrigens: Mit dem Hannes der Kommede-Scheuer Mäulesmühle hat der unsere nicht viel gemein! Eher selten beglückt er unseren Bürgermeister mit seiner Anwesenheit. Und das einzige Wässerchen, das Hannes am Herzen liegt, ist der kleine Wasserlauf parallel zum Gehweg entlang des Marstallgebäudes.

Doch die Zeit war unbarmherzig.
Obwohl er Wind und Wetter trotzte, kam der Zeitpunkt, an dem sein „Gwand“ keinen Staat mehr machte und erneuert werden musste.

Haben Sie eine Ahnung wie schwer es ist, einen solchen Hannes von der Notwendigkeit eines Einkaufsbummels zu überzeugen, wo doch seine Kleidung noch völlig „guat“ sei? Fragen Sie nicht!!!

Hannes konnte überredet werden und zog los. Und kehrte erst nach etlicher Zeit in „seinen Vorgarten“ zurück.
Was da so lange gedauert hat? Das wissen wir leider bis heute nicht. War es – ganz Willy Reichert – ein Bummelzug der schwäbsche Eise‘bahne oder hat sich der Hannes einfach von den Lichtern der schwäbischen Metropolregion faszinieren lassen? Wir werden es wohl nie erfahren, denn Hannes zeigte weiterhin nur sein bekanntes Grantler-Lächeln - doch nun wieder im hochanständigen Werdigsgwand.

Hannes war wieder da. Die Freude war groß.

Und doch war etwas anders geworden. Ließ er etwa seine Schultern etwas hängen? Fehlte der spitzbübische Gesichtsausdruck? Wirkten nicht die Lippen schmal und aufeinander gepresst?
Es schien, dass der Alltag unseren Hannes eingeholt hatte.

Und eines Tages war es klar – zumindest einigen Bürgerinnen und Bürgern der Kulturinitiative: Seit Jahr und Tag steht Hannes ganz allein an seinem Lieblingsplatz.
Sogar die Gespräche mit den Passanten schienen weniger geworden zu sein.

Hannes war offensichtlich einsam.

Und so musste eine Gefährtin her, um das dauerhafte Glück zu sichern, die Einsamkeit zu verbannen.

Aber die Vorstellungen eines schwäbischen Grantlers sind sehr genau und schwer zu erfüllen!
Fleißig und eher schweigsam sollte sie sein. Einen ähnlichen Kleidungsstil pflegen und nur für ihn da sein.

Und so wurde die ideale Gefährtin für unseren hölzernen Mitbürger zwar nicht in Wasseralfingen für ihn gegossen, aber doch zumindest passend gesägt.

Am 09. und 10.05.2015 entstand Emma in einer weiteren Kunstaktion im Schlosshof – mit denselben Ecken und Kanten wie unser Hannes. Eine gute Partie. Hannes' und unser Dank gilt auch hier wieder Manfred Martin.

War die erste Begegnung der beiden Dürnauer Marstallbewohner in ihrem „Rosengarten“ noch etwas hölzern, fanden die beiden schnell Gefallen aneinander und Anklang bei den Dürnauern.

Seitdem schauen sich Hannes und Emma täglich lange in die Augen und pflegen ihre Zuneigung auf Abstand.

Hannes lächelt wieder.

Doch irgendwann kommt der Zeitpunkt, da beider Kleidung wieder fadenscheinig werden wird.

Werden die beiden dann zusammen bummeln gehen?